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Nie jestem botem

Aktion „Buch des Monats“ der Österreich-Bibliothek an der Universitätsbibliothek in Warschau 
Monika Helfer „Vati“

In diesem Jahr veröffentlicht die Österreich-Bibliothek an der Universitätsbibliothek Warschau jeden Monat Besprechungen in polnischer Sprache interessanter Bücher aus Österreich.

Autorinnen und Autoren dieser sind, im Auftrag der Österreich-Bibliothek und des Österreichischen Kulturforums Warschau, polnische Literaturkritikerinnen und Literaturkritiker.

Die Rezension in polnischer Sprache ist auf der polnischen Seite abrufbar.

Das Buch des letzten (und vielleicht sogar des vorletzten) Jahres war für viele von uns Monika Helfers Die Bagage, das in der schönen Übersetzung von Arkadiusz Żychlinski bei dem Verlag Filtry erschienen ist. Wir haben dieses kluge kleine Buch, die liebevolle Hommage der österreichischen Schriftstellerin an die Familie ihrer Mutter, unendlich genossen; ja wir verliebten uns geradezu ein wenig in die Großeltern der Autorin – die schöne Maria und den schönen Josef, wir alle bewunderten den ausgefuchsten Onkel Lorenz. Also lasen wir das Buch immer wieder, schluchzten erneut bei der letzten Seite, verschenkten es weiter und freuten uns schließlich wie Kinder, als Helfer – und mit ihr Żychlinski – für dieses Werk mit dem Angelus-Preis ausgezeichnet wurde.

Der Roman Vati, der noch heuer (und wieder von Żychliński übersetzt) auf Polnisch erscheinen soll, ist der zweite Teil von Helfers „Familientrilogie“. Wie der Titel vermuten lässt, geht es hier in erster Linie um den Vater der Autorin, aber auch um Monika selbst und ihre Geschwister sowie viele alte Bekannte: die Mutter selbstverständlich, und die ganze Bagage, angeführt von Onkel Lorenz. Was sich nicht geändert hat, ist die Schreibstrategie, jener ganz besondere Ton, der schon die Qualität von Die Bagage ausgemacht hatte. Die Büchereien quellen über vor Bänden, in denen jemand seine Familie beschreibt – stets in der Meinung, dass, da es sich ja um die eigene Familie handelt, die Handlung überaus interessant für alle sein müsse. Die Geschichten, die Helfer erzählt, sind nicht ungewöhnlich. Was jedoch besonders ist, ist die Art und Weise, wie Helfer sie erzählt. In diesen kleinen, aber ausgesprochen gehaltvollen Büchern werden nur wenige Worte verwendet, dafür aber mit größter Präzision. Die Handlung wird auf scheinbar launige Weise erzählt, dabei ist das Ganze bis ins kleinste Detail ausgeklügelt. Die Fakten bleiben eher ungeprüft, sind manchmal sogar frei erfunden, und dennoch besteht kein Zweifel daran, dass diese Geschichten von großer Wahrheit durchdrungen sind. Die Sprache scheint leicht, ist aber von größter Liebe durchdrungen. Dank dieser Sprache gelingt es Helfer, die Lebensgeschichte ihres Vaters so zu erzählen, dass wir darin ein Quäntchen Glück und sehr viel Trauer vernehmen.

Eine der wichtigsten Figuren des Vorgängerromans war Großvater Josef, der bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ins Feld ziehen muss. Die zentrale Figur des zweiten Buchs der Reihe ist ein anderer Josef, der Vater der Autorin, der ebenfalls in den Strudel des Kriegs hineingezogen wird: Durch den Kriegsausbruch kann der lesehungrige Landjunge die Schule nicht abschließen, wird zur Armee einberufen und an die Ostfront geschickt. Infolge einer Erfrierung verliert er ein Bein und muss sich von nun an mit einer Prothese behelfen, aber im Lazarett lernt er die zukünftige Mutter der Autorin kennen. Nach Kriegsende betreibt er zusammen mit seiner Gattin und deren Schwester in den Alpen ein Erholungsheim für Kriegsversehrte und baut für seine Kinder ein eigentümliches Paradies voller vom Schicksal gezeichneter Menschen auf , die niemanden etwas angehen. Die Beschreibungen des Lebens in diesem Paradies gehören zu den schönsten Stellen des Buches. Doch Josef will noch etwas anderes: Studieren, in einer großen Stadt leben und vor allem immer mehr Bücher besitzen. Mit Verspätung schafft er die Matura, aber bringt es nicht bis zu einem Studium. Dies verhindern die zahlreichen dramatischen Ereignisse, die sein Schicksal prägen. Ich hätte ein anderes Leben gewählt, sagt er am Ende zu seiner Tochter. Aber Bücher, ja, die hat er angesammelt, und zwar in großer Zahl. Er liest, liebkost, beschnuppert sie – und verstirbt schließlich inmitten von ihnen. Und auch dieses Mal kommen wir auf der letzten Seite dieses weiteren Meisterwerks von Monika Helfer nicht umhin, ein paar Tränen zu verdrücken.

Eilmeldung: Die Übersetzung von Arkadiusz Żychliński erscheint unter dem Titel Tatuś am 8. April bei Filtry!

Text: Prof. Dr. Adam Lipszyc
Foto: Ausschnitt des Umschlags von „Vati” (Hanser Verlag)
Organisation: Österreich-Bibliothek an der Universitätsbibliothek in Warschau, Österreichisches Kulturforum Warschau 
Partner: Österreich Institut Warszawa, Österreich-Bibliotheken in Polen

https://buwlog.uw.edu.pl/ksiazka-miesiaca-biblioteki-austriackiej-w-buw-luty-2025-monika-helfer-vati-czyli-ksiegi-jozefa/





 

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